Der Wiener Arzt Prof. DDr. Johannes Huber sagte uns in der besserleben.at-Redaktion bereits im März 2020, unmittelbar vor dem ersten Lockdown, als noch große Ahnungslosigkeit über das Virus herrschte, den Verlauf der Corona-Pandemie exakt voraus. Er glaubte damals schon, dass sich das Virus im Winter stark verbreitet und im Sommer an Kraft verliert. Oder dass es viele Mutationen geben würde, die von der Tendenz her an Gefährlichkeit verlieren würden. Wir haben ihn gefragt, was im Herbst und danach kommt.

Herr Professor, als Corona Anfang 2020 in Europa ausbrach, war noch vieles unklar. Woher wussten Sie damals schon, wie die Pandemie verlaufen wird?

Johannes Huber: Wir kannten den Verlauf im Grunde aus der Geschichte der Viren, aus Erfahrungswerten, die auch für Sars-CoV2 gelten, wie sich inzwischen gezeigt hat. Im Winter gewinnen Erkältungsviren an Dynamik, im Sommer werden sie schwächer. Erkältungsviren mögen eine feuchte, kühle Umgebung, das macht sie stark und fördert ihre Verbreitung. Im Sommer kommt für diese Art von Viren erschwerend hinzu, dass unser Immunsystem besser funktioniert, wir fühlen uns dank der Wärme und der vielen Sonne besser und stärker. Viele Forscher und Ärzte dachten sich wohl das selbe wie ich, es ist ja naheliegend, aber sie sagten es nicht, weil die Sorge vor einem neuen, unbekannten Virus mit ganz anderen Verhaltensweisen vermutlich größer war.

Sie selbst hatten noch kein Covid und das, obwohl täglich Dutzende Menschen in ihre Ordination kommen. Wie ist das möglich?

Johannes Huber: Ich trage konsequent Maske und halte Abstand. Neben der Impfung ist das meiner Meinung nach das wichtigste. Eine bekannte Virologin sagte mir einmal, dass es, menschlich betrachtet, zwar schade sei, dass wir einander seit Covid nicht mehr die Hände schütteln. Aber dadurch verringert sich eben auch die Ansteckungsgefahr massiv.

Wie geht es nun weiter? Holt uns die Pandemie kommenden Herbst und Winter wieder ein?

Johannes Huber: Auch wenn es rückblickend so aussieht, bin ich kein Hellseher, aber ich bin optimistisch. Weil die Durchimpfungsrate relativ hoch ist, ebenso wie die Durchseuchung, dürfte es im Herbst nicht mehr so schlimm werden. Prinzipiell werden Mutationen von Erkältungsviren mit der Zeit schwächer. Wir können mit einiger Berechtigung hoffen, dass es bei Covid genauso ist. Ich glaube, die Pandemie hat sich so gut wie erledigt. Mich sorgen aber ganz andere Dinge als die nächste Corona-Mutation. Es könnten noch viel gefährlichere Virenstämme auf die Menschheit zukommen.

Da fällt mir ein James-Bond-Film mit Daniel Craig ein. Ein Wissenschafter hatte ein tödliches Virus entwickelt, auch Bond hatte sich damit infiziert und entschloss sich daher, freiwillig in den Tod zu gehen.

Hier ist es leider mehr als nur Film oder Fiktion. Es geht um die so genannte Gain-of-function-Forschung. Man kann sie mit Funktionsgewinn-Forschung übersetzen. Das ist ein Bereich der medizinischen Forschung, der sich auf die sogenannte serielle Passage von Bakterien oder Viren konzentriert und gezielt Mutationsprozesse beschleunigt. In einfachen Worten: Bakterien und Viren werden zu Forschungszwecken bewusst manipuliert und verändert. Wissenschafter hoffen so, gefährlichen, natürlichen Krankheitserregern und deren Mutationen immer einen Schritt voraus und entsprechend vorbereitet zu sein. Sie handeln zwar mit guten Absichten, aber es ist auch brandgefährlich.

Warum?

Nichts im Leben ist zu hunderprozent sicher und so ist es auch in diesem Bereich. Viren können aus Laboren gelangen, ganz unabsichtlich – zum Beispiel, wenn ein Labormitarbeiter unachtsam ist und sich ansteckt. Oder wenn es zu Unfällen kommt. Wenn Forscher nun Viren manipulieren und eine gefährliche Mutante entwickeln, die womöglich nach außen gelangt, dann können Sie sich vorstellen, was das bedeutet. Wir haben gesehen, wie schnell sich Viren verbreiten können, wenn es die Umstände zulassen und die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Für uns können neue Viren aus dem Labor gefährlicher werden als ein Reaktorunfall.

Haben Sie Angst?

Angst nicht, aber Sorge. Ich hoffe, Wissenschafter sind sich ihrer großen Verantwortung bewusst und ich wünsche mir, dass meine Befürchtungen nicht eintreten.