Langsam wandere ich die linke Wienzeile entlang. Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, und meine Winterjacke hätte ich definitiv nicht gebraucht. Den Rucksack habe ich absichtlich im Büro gelassen. Ich bin am Weg zum Pentahotel Vienna, um mir etwas vom Frühstücksbuffet zu holen.

Junge Initiative

Etwa ein Drittel aller Lebensmittel landen im Müll. Nicht nur in privaten Haushalten. Auch Supermärkte, Bäckereien oder Hotels werfen nicht mehr ganz frische Lebensmittel oft weg. Die App toogoodtogo möchte das ändern. In Dänemark entstanden, gibt es sie seit zwei Jahren auch in Österreich. Eine globale Bewegung gegen Lebensmittelverschwendung soll so entstehen.

Ich setze meine Maske auf und betrete das Hotel durch die Vordertüre. Laut der App soll ich mein Essen an der Bar abholen. Also gehe ich, mit meinem Handy fest in der Hand, zielstrebig auf die Bar zu. Noch im Gehen bestätige ich in der App die Abholung, nur dann bekomme ich nämlich das Sackerl. Das habe ich bereits gelernt.

Noch bevor ich dem Mann hinter der Bar sagen kann, wieso ich hier bin, lächelt er. „Too Good To Go?“, fragt er, ich nicke nur. Dann zeige ich die Bestellbestätigung und bekomme ein Papiersackerl in die Hand gedrückt. Kurz danach stehe ich wieder auf dem Gehsteig, die Sonne in den Augen und eine ziemlich schwere Papiertasche in der Hand. Was sich darin befindet, weiß ich nicht. Das können Kunden nicht selbst wählen. Sie bekommen, was überbleibt. Aber das ist ja auch der Sinn der Sache.

Die Ausbeute

Wieder im Büro stelle ich die Tasche auf meinen Schreibtisch und massiere kurz meine Schultern. Der Weg zurück war lang. Dann packe ich aus. Bald türmen sich fünf Semmeln, zwei gekochte Eier, zwei Weckerl, ein Apfel, drei Zimtschnecken, drei Croissants, ein Marmeladeglas mit Wurst und Käse und eine Box Eierspeise mit Speck auf meinem Schreibtisch. Mir und meinen Kollegen läuft das Wasser im Mund zusammen. Ich habe für alles zusammen 4,99 Euro bezahlt. Laut der App sind es Lebensmittel im Wert von etwa 15 Euro. Das glaube ich gerne.

Gewonnene Erkenntnisse

Insgesamt habe ich bisher fünf Bestellungen aufgegeben. Auf dieser Basis bin ich zu folgenden Schlussfolgerungen gekommen:

Vorteile:

  • Es funktioniert. Anfangs war ich eher skeptisch, aber mich hat die App überzeugt. Sie tut, was sie verspricht
  • Der Preis. Für fünf Bestellungen habe ich insgesamt knapp zwanzig Euro bezahlt. Erhalten habe ich Lebensmittel im Wert von fast sechzig Euro (wieder laut App-Angaben).

Nachteile:

  • Die Zeit. Die meisten Angebote sind mindestens einen Kilometer weit weg. Meist mehr. Also entweder eine halbe Stunde spazieren gehen, oder doch das Auto nehmen. In der Mittagspause zum nächsten Supermarkt zu laufen geht schneller.
  • Das Essen ist nicht immer perfekt. Der vergammelte Mangold, den ich nur noch entsorgen konnte, hat mich doch überrascht.
  • Das Angebot. Meine fünf Bestellungen habe ich in der Mitte Wiens gemacht. Eigentlich wollte ich zuhause – ich lebe im sogenannten Speckgürtel – auch bestellen. Leider war die Auswahl nur klein. Manchmal nur zwei Angebote in einem Umkreis von zehn Kilometern.

Meine Kollegen und ich sitzen im Halbkreis um meinen Schreibtisch und lassen uns das Essen schmecken. Und es schmeckt tatsächlich. Ich schaue aus dem Fenster und denke nach. Bei mir am Land ist die Auswahl klein. Aber bald beginnt mein Studium wieder, und dann bin ich in Eisenstadt. Dort kann ich einige der Angebote ausprobieren. Das nehme ich mir fest vor und angle mir noch ein wenig Speck.

Ich empfehle: einfach ausprobieren! (Carmen Rois)