„Bier auf Wein, das lass sein; Wein auf Bier, das rat‘ ich dir“ ist eine der weitverbreitetsten Redewendungen. Sie existiert neben dem Deutschen auch in einigen anderen Sprachen. Für Kai Hensel, Facharzt für Kinderheilkunde, Grund genug, um der Sache auf den Grund zu gehen. An der University of Cambridge führte er eine Studie mit rund hundert Probanden durch. Das Ergebnis war eindeutig.

Die Ausgangslage

Die Freiwilligen waren zwischen 19 und 40 Jahre alt, gesund und begnadete Bier- und Weintrinker. Für die Studie erhielten alle Teilnehmer zwei Pendants, die in etwa gleich alt, gleich groß und gleich schwer waren und über ein ähnliches Trinkverhalten verfügten. Dann teilten die Forscher alle Probanden in drei Gruppen auf.

• Gruppe eins. Die Probanden tranken am ersten Abend erst Bier und dann Weißwein, bis sie einen Blutalkoholgehalt von 1,1 Promille erreicht hatten. Dieser Pegel ist laut Hensel für aussagekräftige Ergebnisse nötig. An einem zweiten Abend wechselten sie die Reihenfolge.
• Gruppe zwei. Die zweite Gruppe tat genau das Gleiche, nur in umgekehrter Reihenfolge.
• Gruppe drei. Die Kontrollgruppe trank an einem Abend ausschließlich Bier, an einem anderen ausschließlich Wein.

Die Forscher achteten dabei auf eine Reihe von Punkten, um Verzerrungen zu vermeiden. Neben der gleichen Mahlzeit, die an Alter und Geschlecht angepasst war, tranken alle Teilnehmer vor dem Schlafengehen eine genormte Menge kühles Wasser, genau sechs Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht. Alle schliefen gleich lang in einer Unterkunft nahe der Universität und bei gleicher Raumtemperatur.

Das Ergebnis

Auf einer Skala von null bis sieben mussten die Probanden anhand acht verschiedener Symptome, darunter Schwindel, Müdigkeit und Übelkeit, den Grad ihres Katers einschätzen. Zusätzlich führten die Forscher Blut- und Urintests durch. Das Ergebnis war eindeutig. Bei dem verwendeten Lagerbier und Weißwein machte es keinen Unterschied, welches Getränk die Probanden zuerst tranken. Das bedeutet, der Volksmund irrt.

Woher das Sprichwort kommt

Die gängigste Theorie für die Verbreitung des gutgemeinten Ratschlags ist historischer Natur. Früher konnten sich nur die wohlhabenden Menschen Wein leisten, das normale Volk trank Bier. „Wein auf Bier, das rat ich dir“ ist also ein Synonym für einen sozialen Aufstieg. Andersherum wird der Spruch zu einer Warnung vor dem sozialen Abstieg.